Der Verein Waldbühne Otternhagen e.V. ist ein gemeinnütziger Verein. Mit rund 220 Mitgliedern sind wir ganzjährig damit beschäftigt, die unterschiedlichen Theaterproduktionen und Sonderveranstaltungen (wie die jährlichen Flohmärkte) ehrenamtlich tätig vorzubereiten und durchzuführen. Als Mitglied im Verband Deutscher Freilichtbühnen e.V. -Region Nord- werden wir als Amateurtheater umfassend unterstützt und können auf Weiterbildungsmaßnahmen in vielen Bereichen zurückgreifen.
Begonnen hat alles mit einem Bericht der Leine-Zeitung aus dem Jahre 1967. Dort berichtete der Verfasser über die guten Besucherzahlen der Freilichtbühnen aus dem Nachbarkreis Nienburg während des sehr heißen Sommers. Zu diesem Zeitpunkt verfügte dieser Landkreis noch über sechs Bühnen unter freiem Himmel. Der damalige Landkreis Neustadt mit den Städten Neustadt, Wunstorf, Garbsen und Rodewald konnte noch keine Bühne vorweisen. Somit stellte der Autor des Artikels die berechtigte Frage: Wann bekommt Neustadt eine eigene Freilichtbühne?
Vorerst wurde diese Frage in der Öffentlichkeit nicht weiter diskutiert – außer in dem kleinen Dorf Otternhagen im Osten der Kreisstadt. Denn dort äußerte sich der Vorsitzende des seit 1932 bestehenden Musikverein Berggarten, Friedrich Poppe, anlässlich des traditionellen Heideblütenfestes im August 1967 positiv zu diesem Thema: Wir erweitern den Musikverein um eine Theatergruppe und gründen eine Freilichtbühne. Der ein oder andere mochte diese Aussage für eine Spinnerei halten. Doch fanden sich schnell 15 Amateurdarsteller – allen voran der spätere “Motor” der Theatergruppe Renate Büsing -, die bereit waren, dieses Projekt mit auf die Beine zu stellen. Und auch ein passendes Gelände war bald gefunden, ein kleines Stück Land am Rande eines idyllischen Ilex-Hains in der Straße “An der Fleutjenburg” (heute “An der Waldbühne”). Mit vereinten Kräften begann man dort 1969, eine kleine Bühne aufzuschütten und zu befestigen. Eine alte Wehrmachtsbaracke, die eine Familie aus dem Ort zur Verfügung stellte, diente vorerst als Regieraum. Doch etwas fehlte noch, der geeignete Regisseur. Man bot diese Stelle einem Neustädter an, der aber ablehnte und an den Lehrer Herbert Stoepper aus Basse verwies. Nach einigem Zögern sagte dieser zu. Wie er seinen ersten Besuch auf der Bühne empfand, beschreibt er in einem Rückblick so:
“An einem eiskalten, klaren Januarmorgen des Jahres 1970 stand ich zum ersten Mal auf der Waldbühne. Die kleine Lichtung, die Zuschauerfläche mit der Bühne, strahlte eine geradezu idyllische Ruhe aus. Umschlossen von leuchtenden Birkenstämmen und dem kräftigen Dunkelgrün des wilden Ilex, der hier immer noch gedeiht, fügte sich die Anlage ohne Bruch und ohne großen Eingriff von Menschenhand in das Waldstück am Auterflüsschen ein. Ich war begeistert: Hier konnte man nicht nur Theater spielen, dieser Platz forderte geradewegs dazu auf!”
Man machte sich daran, ein Theaterstück zu finden, dass in diesem Rahmen passte. Fündig wurde die Theatergruppe bei dem Barockdichter Andreas Gryphius, der in Anlehnung an die Handwerkergruppe aus Shakespeares “Sommernachtstraum” um 1650 das Stück “Herr Peter Squenz” schrieb. Nach Bearbeitung, Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten und den dazugehörigen Proben, spielte das Ensemble der Waldbühne am 1. August 1970 zum ersten Mal das Stück “Herr Peter Squenz oder eine Sommernacht auf dem Lande” vor 350 Zuschauern.
Leider kamen nur 350 Zuschauer zur Premiere von “Herrn Peter Squenz”, obwohl Platz für 550 Gäste gewesen wäre. Schuld daran war ein Unbekannter, der in den Ortschaften Scharrel, Metel und Averhoy das Gerücht verbreitete, dass es sich nicht mehr lohnen würde, die Freilichtbühne zu besuchen – alle Plätze wären schon belegt.
In den folgenden Jahren inszeniert die kleine Bühne am Ilex-Hain, die im Januar 1974 den endgültigen Namen “Waldbühne Otternhagen” erhält (vorher “Heimatbühne Otternhagen”) Stücke aus den unterschiedlichen Genres. Ob Lustspiel, Schwank oder Komödie, die Theaterbegeisterten finden ihr Material bei Hauff, Hinrichs, Nestroy, Holberg, Beaumarchais oder Shakespeare. Immer mehr Interessierte finden den Weg auf und vor die Bühne. Die Zuschauerzahlen wachsen und auch die Darstellerzahl nimmt zu. Stücke, die bei dem Publikum besonders gut ankamen, werden ein zweites und manchmal auch ein drittes Mal auf die Bühne gebracht.
1977 entschließt man sich, auf dem Waldbühnengelände ein neues Vereinshaus zu errichten, das “Waldbühnenstübchen”, das noch heute die SB-Gastronomie und die sanitären Anlagen beheimatet. Unterstützt durch eine “Bausteinaktion” wird 1979 Geld für den Neubau des heutigen Garderobenhäuschens gesammelt. Die bereits über 40 Jahre alte Wehrmachtsbaracke hielt nicht mehr dicht. An dieser Stelle steht seit 1980 ein festes Blockhaus.
Durch die unterschiedliche Ausrichtung der einzelnen Sparten im Musikverein Berggarten kommt es 1987 zur Ausgliederung der Theatergruppe. Es werden zwei neue Vereine gegründet: zum einen der Verein “Theater auf der Waldbühne”, der sich um den Spielbetrieb auf der Waldbühne kümmern soll, und zum anderen der Verein “Waldbühne Otternhagen”, der mit der Unterhaltung und Vermarktung des Waldbühnengeländes betraut wurde. Vorsitzende des Theatervereins war von 1987 bis 2001 Renate Büsing, unter deren Leitung sich der Verein sehr stark weiter entwickelte. 2003 musste man allerdings feststellen, dass die Zweigleisigkeit keine gute Lösung war. Die beiden Vereine fusionierten zum heutigen Verein “Waldbühne Otternhagen e.V.”, der mittlerweile über 200 Mitglieder in der zweiten und zum Teil dritten Generation verzeichnet.
Neben den jährlichen Theaterproduktionen ist die Waldbühne inzwischen in der Region Hannover bekannt für ihre anderen Veranstaltungen. Zwei Flohmärkte, Mai-Fest, Laternenumzug und Weihnachtsmarkt ziehen nun schon seit Jahren immer mehr Besucher, nicht nur aus Otternhagen, an, alle initiiert und organisiert von den Vereinsmitgliedern. Aber den meisten Zulauf haben die Theaterstücke mit 3000 bis 5000 Besuchern pro Jahr.
Für den guten Zulauf sorgen ein Erwachsenen- und seit 2002 auch ein Familienstück. Damit ein Stück auf die Bühne gebracht werden kann, erfordert es tatkräftige Unterstützung von den Vereinsmitgliedern sowie finanzielle Vorleistungen. Bühnenbild, Requisiten und Kostüme werden in Eigenleistung erstellt oder zum Teil von anderen Freilichtbühnen angemietet. Das eine oder andere Stück kommt ohne weitere Hilfe von außen nicht aus, sei es in den Bereichen Choreographie, Maske, musikalische Einstudierungen oder instrumentelle Begleitung. Seit 1986 ist die Waldbühne Otternhagen Mitglied im Verband Deutscher Freilichtbühnen (VDF) – Region Nord mit Sitz in Hamm/Westfalen.
Begonnen hat die Waldbühne Otternhagen 1970 mit 15 Amateuren. Mittlerweile verzeichnet der Verein 220 Mitglieder. Darunter sind immer noch Darsteller der ersten Jahre, aber auch deren Kinder und Enkel. Jährlich wächst das Interesse vieler begeisterter Theatergänger an den beiden Stücken. Manch einer wagt anschließend auch den Weg auf die Bühne. So ist die Jugendabteilung seit 2002 auf stattliche 75 Jugendliche im Alter zwischen 5 und 18 Jahren angewachsen, ein Erfolg, den nur wenig anderen Vereine in dieser Größenordnung verzeichnen können. Und alle möchten eine Rolle im Familienstück spielen. Das bedeutet eine Menge Organisation und eine große Kreativität beim Umarbeiten oder Schreiben der entsprechenden Stücke. Auch das Erwachsenenstück kann sich über mangelnden Nachwuchs nicht beklagen. In den vergangen Jahren stieg auch hier das Interesse, im Sommer mit anderen auf der Bühne zu stehen, um die Zuschauer zu unterhalten.
2009 wurde der Pachtvertrag für das Bühnengelände um weitere 25 Jahre verlängert. Eine große Herausforderung für den Verein und eine hohe Wertschätzung der Stadt Neustadt für die kulturelle Arbeit in Otternhagen bzw. dem Neustädter Land.
Dies alles wäre ohne tatkräftige sowie ideelle und materielle Unterstützung von Mitgliedern, Bewohnern der Ortschaft und Sponsoren nicht möglich gewesen. Und das seit den ersten Probentagen vor fast 50 Jahren. Dass es der Verein so weit gebracht hat, ist vielen Menschen zu verdanken. An dieser Stelle sollen nur ein paar Namen stellvertretend dafür genannt werden: Renate Büsing, Friedrich Poppe, Herbert Stoepper, Erwin Voß und Peter Behnsen. Die nächsten Generationen stehen schon in den Startlöchern, um die Arbeit fortzuführen und von den Vorgängern zu lernen.